Letzten Donnerstag habe ich das Ideenforum Bionicum im Tiergarten besucht. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung des Netzwerks Bionik in Bayern, mit einem Schülerworkshop, einigen Vorträgen, sowie einer Abendführung. Allerdings haben wir auf den Schülerworkshop altersbedingt verzichtet und die Abendführung wegen alternativem Abendprogramm nicht mitgemacht. Also haben wir nur am Nachmittagsprogramm mit den Vorträgen teilgenommen.
Das Thema des Ideenforums entspricht dem Thema der jeweils aktuellen Sonderausstellung des Bionicums. Derzeit kann man dort unter dem Thema
Ganz schön eklig... allerlei seltsame (und je nach Gemüt auch einige eklige) Dinge bewundern und erfährt dabei natürlich, was es mit dem Gefühl des Ekels auf sich hat und was der biologische Nutzen von Ekel ist.
Den Anfang der Ideenforum-Vorträge machte Dr. Sebastian Lotzkat vom Naturkundemuseum Stuttgart mit dem Thema
Unter Blutegeln und Schlangen, bei dem er viele Einblicke in den Alltag eines Forscher-Lebens im Dschungel gab, unterlegt mit Bildern von einigen niedlichen Säugetieren und Vögeln, die man als interessierter Mensch bei einem Dschungel-Trip ziemlich sicher nicht sehen wird und etlichen Plattwürmern, Spinnen, Schlangen und Käfern, die man bei einem Dschungel-Trip in Massen finden wird, und die (im Gegensatz zu den Säugern) auch kaum Berührungsängste mit dem Menschen haben. All diese Tiere haben aber nicht nur gemeinsam, dass manche Menschen sich vor ihnen ekeln oder Angst haben (teilweise natürlich völlig zurecht, beispielsweise bei Giftschlangen), sondern dass die Erforschung dieser Tiere oft überraschende Ergebnisse bringt, wie etwa ein medizinischer Komponentenkleber zum Wunden verschließen, der aus Schlangengift hergestellt wird. Oder
Snakebots.
Anschließend hat Dr. Olga Speck von der Universität Freiburg und vom Kompetenznetz Biomimetik unter dem Thema
Schönheit liegt im Auge des Betrachters praxisnahe Einblicke in die Arbeit von Bionikern gegeben, indem sie einige Beispiele für "bionische Produkte" und deren Entstehungsgeschichte präsentierte. Eines dieser Produkte, das im Detail präsentiert wurde, ist eine Zwei-Komponenten-Lösung für eine Membran, die Luftpolster in die Lage versetzt, kleinere Löcher selbst zu verschließen, ohne viel Luft zu verlieren. Als Grundlage für die Lösung dieses Problems wurden die Selbstheilungskräfte diverser Pflanzen analysiert, daraus mathematische Modelle abgeleitet, und diese widerum technisch nachgebaut. Heraus kam eine Zwei-Komponenten-Membran, die Nadelstiche (also kleinere Löcher) ohne Luftverlust überstehen kann. Ziemlich cool! Und noch viel cooler, wenn man gerade in einem Schlauchboot auf dem See paddelt und ein leises "pffffffffff..." bemerkt.
Nach einer Kaffeepause hat Dr. Dag Encke vom Tiergarten Nürnberg mit dem Thema
Wohin mit dem gazen Mist? Mistkäfer in der Savanne den dritten und letzten Vortrag gehalten. Es ging natürlich um Mistkäfer, Kotkäfer, Dungkäfer und ihre Bedeutung und wichtige Aufgabe im Ökosystem Wüste, aber auch in unseren heimischen Wäldern. Aktuell gibt es -- wie bei so vielen Tierarten -- weltweit einen dramatischen Rückgang von Mistkäfern. Das ist nicht nur anhand der Vielzahl von Mistkäfer-Arten bedenklich, sondern auch wegen ihrer wichtigen Aufgabe für die Beseitigung von Kot und für die Auflockerung und Anreicherung der Böden. Anschaulich gesagt: verschwindet der Mistkäfer, dann ertrinkt die Savanne (wie auch unsere heimischen Wälder) in wenigen Wochen in einer dicken Schicht von Sch... Kot.
Herr Encke steckt mich so langsam mit seiner Faszination für Mistkäfer an, daher spare ich mir mal nähere Ausführungen für einen eigenen Artikel auf. Wer die kleinen Tierchen in Aktion sehen will kann das im Wüstenhaus des Tiergartens stundenlang tun.
Alles in allem war es ein sehr informativer Nachmittag mit drei tollen Vorträgen. Wir freuen uns auf jeden Fall schon auf das Ideenforum im nächsten Jahr!
- Thomas